Arbeitszeiterfassung

Eine nicht erfasste Fehlzeit des Arbeitnehmers von ca. 1 Stunde stellt keinen Kündigungsgrund dar, wenn das Überstundenkontingent nicht ausgeschöpft ist.

Ein Mitarbeiter einer Firma hatte sich an mehreren Tagen beim Verlassen des Betriebsgeländes nicht vorschriftsgemäß über die elektronische Zeiterfassung abgemeldet. Es handelte sich dabei um eine Fehlzeit von ca. einer Stunde, in der keine Arbeitsleistung erbracht wurde. Zwei Monate später wurde er vom Arbeitgeber wegen Arbeitszeitbetrugs fristlos, hilfsweise ordentlich, gekündigt.

Der eingereichten Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht wurde stattgegeben. Auch das daraufhin vom Arbeitgeber angerufene LAG Berlin-Brandenburg folgte der Auffassung der ersten Instanz und wies die Berufung zurück. 

Fehlzeiten kein Arbeitszeitbetrug

Nach Angaben des Arbeitgebers entstand dem Betrieb durch das Fehlen des Arbeitnehmers ein Schaden in Höhe eines Stundenlohnes von 9,81 EUR brutto. Der Arbeitgeber vertrat die Ansicht, die Nichterfassung der Fehlzeiten stelle eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, die eine Abmahnung entbehrlich mache. Die Richter des LAG sahen dies jedoch anders: Da es schon an einem Grund für eine ordentliche Kündigung nach § 1 KSchG fehlt, kann eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB nicht gerechtfertigt sein. Nicht jede Falschangabe in der elektronischen Zeiterfassung rechtfertigt eine ordentliche Kündigung.

Unverhältnismäßig: Überstundenregelungen müssen berücksichtigt werden

Die Kündigung war im vorliegenden Fall unverhältnismäßig, denn die vertragliche Überstundenregelung muss bei der Abwägung mit berücksichtigt werden. Der Arbeitnehmer war verpflichtet, monatlich bis zu 10 Überstunden ohne weitere Vergütung zu leisten. Im besagten August hatte der Beklagte erst etwas mehr als 6 Überstunden geleistet. Ein materieller Schaden, der erst ab der 10. Überstunde eintreten würde, ist dem Arbeitgeber damit noch nicht entstanden. Unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist so die Pflichtverletzung nicht als schwerwiegend anzusehen.

Eine Abmahnung war erforderlich

Da nach Auffassung der Richter keine schwerwiegende Pflichtverletzung vorlag, wäre eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen. Diese war vorliegend auch nicht ausnahmsweise entbehrlich, denn vom Arbeitnehmer konnte erwartet werden, dass er sein Verhalten nach Ausspruch einer Abmahnung ändert.

(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 13.6.2012, 15 Sa 407/12).


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