Prüfpflichten in Bezug auf Nachfolgegewerke

Bestehen Prüf- und Hinweispflichten auch in Bezug auf Nachfolgegewerke?

 

1. Im Rahmen des Bauablaufs mehrerer Gewerke hat der Werkunternehmer seine Leistung so zu erbringen, dass sie eine geeignete Grundlage für eine darauf aufzubauende weitere Leistung ist. Der Werkunternehmer darf indes davon ausgehen, dass ein Nachfolgeunternehmer, der auf seine Werkleistung aufbaut, diese ebenfalls nach den anerkannten Regeln der Technik ausführt.

2. Nur wenn der Vorunternehmer - ausnahmsweise - Anhaltspunkte dafür hat, dass die Nachfolgearbeiten nicht einwandfrei ausgeführt werden können, ist er verpflichtet, den nachfolgenden Unternehmer bzw. den Auftraggeber darauf hinzuweisen, wie bei den nachfolgenden Arbeiten verfahren werden muss. Ein solcher Hinweis kann gemäß § 242 BGB verlangt werden, wenn erkennbar die Gefahr besteht, dass der zweite Unternehmer auch bei Anwendung der anerkannten Regeln der Technik nicht erkennen kann, ob die Vorleistung des ersten Unternehmers für ihn eine geeignete Arbeitsgrundlage ist und in welcher Weise er seine eigene Leistung fachgerecht an die Vorleistung anzupassen hat, um Mängel bzw. Schäden zu vermeiden.

3. Für das Verhältnis zwischen einem vom Auftraggeber gemäß § 649 BGB frei gekündigten ersten Werkunternehmer und dem vom Auftraggeber im folgenden beauftragten nachfolgenden Werkunternehmer gelten die vorstehenden Grundsätze entsprechend. Dabei ist indes zugunsten des ersten Unternehmers und zu Lasten des Nachfolgeunternehmers die Besonderheit ergänzend zu berücksichtigen, dass dem Nachfolgeunternehmer von vorneherein bekannt ist, dass er gerade nicht - wie bei Folgegewerken im Bauablauf - auf eine fertiggestellte Werkleistung des ersten Unternehmers aufbauen kann, sondern auf Basis einer noch nicht fertiggestellten bzw. zu Ende geführten ("steckengebliebenen") Werkleistung beauftragt wird, so dass an seine Prüfungspflichten (bzw. Schutz- und Bedenkenhinweis- bzw. Warnpflichten) besonders strenge Anforderungen zu stellen sind.

4. Bei einem Maschinenhersteller eigenen Serviceunternehmen ist grundsätzlich von einer überlegenen Kenntnis von den Produkten (hier eines Industrielasers), deren Besonderheiten und Anforderungen (auch im Rahmen der Abfolge von Prüf-/Service-/Reinigungsabläufen) auszugehen, wodurch sich die Anforderungen an die Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht erhöhen. Ein herstellereigenes Serviceunternehmen darf jedenfalls nicht einfach darauf vertrauen, dass der externe Vorunternehmer nach der üblichen Vorgehensweise gearbeitet hat.

5. Treffen im Rahmen von § 254 BGB die Verletzung einer nachvertraglichen Hinweis-/Schutzpflicht des Vorunternehmers mit der Verletzung einer vertraglichen Handlungs-/Prüf- bzw. Unterlassungspflicht des Nachfolgeunternehmers aufeinander, ist der Verletzung der vertraglichen Handlungs-/Prüf- bzw. Unterlassungspflicht ein deutlich höheres Gewicht beizumessen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2015 - 22 U 157/14


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